Chaos Computer Club e.V.

DIE TORTE DES JAHRES


Die Torte des Jahres

Eine Auszeichnung des Chaos Computer Club

Preisträger 1998: Microsoft Corp.


Was für eine Welt: Der CeBIT-Katalog auf CD-ROM ist ohne Microsoft Windows nur zum Wegwerfen geeignet. Webseiten, von "Internet Explorer ist toll"-Buttons verunstaltet, werden auf anderen Computern unbenutzbar. Es ist was faul im globalen Dorf. Und dieser Welt.

Marketing statt Innovation

Durch Marketing ist es der Firma Microsoft gelungen, vergleichsweise miserable Software so erfolgreich auf dem Weltmarkt zu positionieren, daß mittlerweile keiner mehr an ihren Systemen vorbeikommt, selbst wenn er eigentlich an die angebliche Zuverlässigkeit, Anwenderfreundlichkeit und Stabilität nicht glaubt.

Microsoft beherrscht den Markt und benimmt sich auch so. Entwickler werden benachteiligt, wenn sie andere Plattformen unterstützen wollen. Kunden wird ein möglicher Wechsel durch bewußt inkompatible Datenformate vorsätzlich erschwert. Anwendungsprogrammierer sehen sich mit undokumentierten Systemfunktionen konfrontiert, die ausschließlich Microsoft-internen Entwicklungsgruppen zur Verfügung stehen. Microsoft lädt auch schon mal ohne Skrupel Kundendaten auf seine Server ­ die Möglichkeit zur Unterbindung solchen Unfugs wurde gut versteckt.

Das Geld, das Microsoft angesammelt hat, wird nun dazu verwendet, den Rest der Welt zu kaufen. Die Gewinne fließen in den Aufkauf von Inhaltsrechten und Bibliotheken damit Microsoft in der Welt der Datenautobahnen in Zukunft nicht nur die Straßen und die Autos, sondern auch noch das Benzin liefert.

Monopolmißbrauch durch proprietären Mist

Der Monopolmißbrauch durch Microsofts Privatstandards hat bedrückende Ausmaße angenommen. Sicherlich ist Microsoft nicht das einzige schlechte Beispiel, doch auf jeden Fall das anschaulichste. Bill Gates nutzt seinen Einfluß lediglich zur Förderung der Konsumentenmentalität. Anstatt die Computer zu nutzen, um Menschen freier und unabhängiger zu machen fördert die Politik von Microsoft lediglich die Zementierung der bestehenden Verhältnisse. Die Dekadenz schreitet voran.

Wenn Microsoft in seinen Lizenzbedingungen schon selbst darauf hinweist, man solle ihre Software nicht für missionskritische Zwecke verwenden, dann wäre es doch mal Zeit, diese Forderung in die Realität umzusetzen. Oder trifft es hier etwa den Falschen?

Warum Bill Gates und Microsoft? Warum krampfen sich die Eingeweide eines jeden anständigen Computermenschen bei diesen Reizworten so zusammen? Ist es vielleicht der blanke Neid, der sich einstellt, wenn man selbst an dieser Stelle hätte sein können und müsen? Einzig das Schicksal hat diesen Unwürdigen erwählt, zum Herrscher über beinahe alle Computer zu werden. Wenn dieser Freak die Welt regieren kann, warum nicht wir, die wir das viel besser und gerechter hinkriegen würden?

Neben Steve Jobs fallen einem spontan mindenstens zehntausend weitere Leute ein, denen wir es eher gönnen würden, an seiner Stelle zu sein. Warum? Weil diese Leute uns etwas geschenkt haben, was sie selbst neu erfunden oder ausgegraben und entscheidend verbessert haben. Gates dagegen hat nicht erfunden, sich nichts besonderes ausgedacht. Alles nur geklaut, zusammengestückelt und im Kielwasser von IBM über die Welt gekotzt.

Why did you choose Bill Gates?

"Because in a way he is the master of the world, and then because he's offering his intelligence, his sharpened imagination and his power to the governments and to the world as it is today - that is to say gloomy, unjust and nauseating. He could have been a utopist, but he prefers being the lackey of the establishment. His power is effective and bigger than that of the leaders of the governments, who are only many-colored servants."

Noel Godin

Das einzig Gute, was man von Gates sagen kann, ist, daß er IBM aufs Kreuz gelegt hat. Aber während mit IBM eine Bande aus hochintelligenten Wissenschaftlern und spießigen Geschäftsleuten die EDV-Anlagen der Unternehmen jahrzehntelang als Geisel genommen und nur gegen hohe Schutzgelder am Funktionieren gehalten hat, sind mit Microsoft unsere PCs in die Hände von speckhaarigen Psychopathen geraten. Leute, die keinen Anstand und keine Ehre besitzen, kein Gefühl für die Schönheit von Gedankengebäuden und die keine eigene Vision von der Zukunft haben.

In Weg nach Vorn hat Bills Ghostwriter das Internet praktisch übersehen. Das Wort kommt im ganzen Buch nicht ein einziges Mal vor. Gates selbst ist womöglich sogar seit einigen Jahren schwer psychisch krank und lebt als Gefangener der Maschine Microsoft längst nicht mehr in unserer Welt.

Exchange Microsoft!

Was tun? Man kann nichts mehr dagegen tun, wir liegen bereits in der schäumenden Scheiße, und kommen da nicht mehr raus. Das Kind ist in den Brunnen gefallen und ersoffen. Aus und vorbei. Selbst ein nuklearer Holocaust kann die Microsoft-Seuche nicht mehr von unserem Planeten tilgen. Wir sind dazu verdammt, uns auch noch die nächsten 23 Jahre mit Microsoft-Produkten herumzuquälen und auch noch Geld dafür zu bezahlen. Geld, welches nicht dafür ausgeben wird, menschenfreundliche Software zu entwickeln.

Wenn Marktkräfte außer Kontrolle geraten und ihre Wirkung auf das Leben von Milliarden Menschen entfalten, kann leider nur noch der große Hammer helfen, der Microsoft zerschlägt und das zusammengeraubte geistige Eigentum in verantwortungsvolle Hände bringt.

Weitere Ergänzungen sind zwecklos. Der Chaos Computer Club verleiht der Firma Microsoft die Torte des Jahres 1998.

In der Hoffnung auf gute Besserung

Das Chaos im März 1998


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